Ausstellungseröffnung "Spuren durch den Krieg"

Projektkurs Geschichte - Reportage vom 30.11.2014

Erinnerungen an die Urkatastrophe

Schule kann weit mehr sein als trockenes Büffeln. Geschichte durch Erfahren, Rekonstruieren, Bewerten und selbst auf kreative Weise zu vermitteln, zu lernen, kann ein großer Gewinn nicht nur für die Schülerinnen und Schüler selbst, sondern für alle sein, denen die Ergebnisse solcher Projektarbeit zugänglich gemacht werden. Dies zeigt die Sonderausstellung in eindrucksvoller Weise, mit der am gestrigen Sonntagvormittag das Museum Voswinckelshof nach seiner Sanierungspause wieder eröffnet wurde. "Spuren durch den Krieg" wurde von Schülern des Gustav-Heinemann-Gymnasiums Hiesfeld kuratiert. Die Ausstellung steht im Kontext eines internationalen Projektes des LVR Industriemuseums Oberhausen mit Jugendlichen aus Belgien, Frankreich, Polen und aus Deutschland, die sich zunächst in einer virtuellen und dann analogen Umsetzung dem Thema des "Großen Krieges", wie der 1. Weltkrieg beispielsweise in Frankreich genannt wird, näherten. Zudem präsentiert die Schau im Voswinckelshof Ergebnisse eines Austausches zwischen dem Hiesfelder Gymnasium und dem Lycée Saint Caprais in Agen. Zum Gedenken an das Ende des 1. Weltkrieges am 11. November, besuchten Schülerinnen und Schüler aus Hiesfeld die Dinslakener Partnerstadt Agen. Gestern erfolgte der Gegenbesuch durch den Leiter des dortigen Gymnasiums, Yann Marteau, und französischen Schülerinnen. Ein Austausch, der nach dem Wunsch von Marteau, ausgebaut werden soll. "Erinnern für die Zukunft" steht auf der Collage im Treppenhaus des Voswinckelshofs. Das Bild ist eine Reproduktion, das Original befindet sich als Wandmalerei der deutschen und französischen Jugendlichen im Gymnasium in Agen. Erinnern, damit ein solcher Krieg, "die Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts, auf europäischen Boden nicht mehr möglich ist. Die Arten, auf die in der Ausstellung erinnert wird, sind vielfältig. Sie reichen vom Dokumentarfilm, den die Schülerinnen und Schüler unter Anleitung und Betreuung ihrer Lehrer Kolja Pilarek und Julia Janicki-Rahmann drehten, über virtuelle Buchregale, die per Touchscreen die Welt um 1914 lebendig werden lassen, bis hin zur Rekonstruktion von "Uromas" Küche, in die der Krieg auf eher überraschende Alltäglichkeiten wie das dem wirtschaftlichen Mangel geschuldete Kriegskochbuch Einzug hielten. Denkanstöße Jugendliche kuratieren eine Ausstellung - und das auf beachtlich hohem Niveau. Der Einsatz digitaler Medien und authentischer Exponate - für Dinslaken stellten viele Privatleute Leihgaben zur Verfügung - ist ausgewogen und stimmig. Die Uminterpretationen historischer Propaganda-Karten zu digital bearbeiteten Friedensbotschaften sorgt für Brechungen und Denkanstöße, die den Ausstellungsbesucher zu weiterer Reflexion des Gesehenen anregen. Ergänzt wird die Arbeit der Schülerinnen und Schüler von Texten von Joachim Schulz-Marzin beispielsweise über Militarismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts oder der Bedeutung des Eisens - vom Eisernen Kreuz, das Schinkel 1813 entwarf, bis zum Schmuck aus schwarzem Eisenkunstguss. Und über einer der Vitrinen im ersten Obergeschoss erlebt man den Schützengraben sogar in 3D. Ein Blick durch einen zeitgenössischen Stereoprojektor aus privater Sammlung macht es möglich.

Bettina Schack, Artikel des WAZ vom 17.11.

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