„Im Krieg war jeder Opfer“

Reportage - Reportage vom 13.08.2013

WAZ-Artikel vom 13.08.2013 

Schüler des Gymnasium im Gustav Heinemann Schulzentrum Dinslaken präsentieren im LVR Museum Oberhausen eine virtuelle Ausstellung zum Ersten Weltkrieg.

Oberhausen. Dass Krieg kein „legitimer Lösungsweg“ ist, war Oskar Behr auch schon bewusst, bevor der Dinslakener Gymnasiast sich an dem Projekt „Spurensuche 1914“ beteiligte. „Ich kann inzwischen den damaligen Hurra-Patriotismus in Deutschland und Europa erklären, aber selbst nicht nachvollziehen“, reflektiert der junge Mann, der sich ganz selbstverständlich als Europäer fühlt. Trotz monatelanger intensiver Beschäftigung mit dem Weltkrieg, den seine Urgroßeltern erlebten, hat sich seine Generation offenbar eine kritische Distanz bewahren können.

Seine Aufgabe und gleichzeitig die von etwa 100 Schülern aus Deutschland, Frankreich, Belgien und Polen war dabei keine einfache: Sie sollten mit Hilfe des LVR -Industriemuseums in Oberhausen eine Ausstellung zum ersten Weltkrieg aus historischen Dokumenten entwickeln. Denn 2014 jährt sich der Kriegsausbruch zum 100sten Mal. Die Ausstellung sollte – ganz auf die heutige Generation zugeschnitten – virtuell im Internet den Krieg in vielen Facetten zeigen, ohne ihn zu beschönigen oder die Menschen pauschal zu verurteilen. „Im Krieg war jeder Opfer“, zieht Behr seine Schlüsse aus dieser Auseinandersetzung.

<b>Internationale Freundschaften</b>

Fragen von Schuld oder Verursacher spielten dabei kaum eine Rolle – übrigens auch für die Schüler aus den unterschiedlichen europäischen Ländern nicht, sagt der Gymnasiast. „Im Gegenteil. Durch das Projekt sind internationale Freundschaften entstanden.“

Unter „www.traces1914.eu“ ist jetzt schon das Ergebnis der kreativen Beschäftigung mit dem komplexen Thema zu sehen. Obwohl im virtuellen Raum angelegt, haben die Schüler daraus eine anschauliche und abwechslungsreiche Ausstellung erstellt. Eine selbst gedrehte Nachrichtensendung etwa greift die „Lüge über Fort Douaumont“ und den Aspekt Zensur in der Zeitung auf. In einem fiktiven Kneipengespräch tauschen sich zwei Deutsche darüber aus, dass sie nun – nach dem verlorenen Krieg – Belgien als Heimat anerkennen sollen. Die Briefe des Hausmädchens Odilia Gennes werden in moderner Form als Facebook-Seite dargestellt.

In dreidimensionaler Sicht erhält man Einblick in eine Arbeiterküche von damals. Die deutschen Schüler haben sie zunächst mit original Möbeln der Zeit nachgebaut und dann abgefilmt. Die Enge hat Christina Empacher beeindruckt: „Im Flur hat manchmal sogar noch ein Untermieter geschlafen. Die Bedingungen, unter denen Menschen zusammenlebten habe ich mir so nicht vorgestellt.“

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