Mein Austausch mit Quebec, Kanada (16.01.-09.04.2016)

Schüleraustausch, Reportage - Reportage vom 15.06.2016

Der aufregendste Teil des Austausches war für mich das Ankommen der Kanadier in Düsseldorf. Endlich trifft man die Person, mit der man die nächsten 6 Monate verbringt und die man nur vom Bewerbungsbogen kennt. Zum Glück habe ich meine Austauschschülerin auch direkt erkannt, noch so eine erste Angst, ,,was ist, wenn man seinen Partner nicht findet?“.

Nach der ersten Woche mit Frédérique in Deutschland war sie aber auch schon in der Familie integriert und ist immer mehr aufgetaut und hat auch angefangen sich ein wenig von mir zu lösen. Zu meiner großen Erleichterung hat sie sich auch gut mit meinen Freunden verstanden und ist demnach auch gerne mit zu Partys und Treffen gekommen. Daher wurde es auch auf die Dauer nicht so anstrengend für uns beide, immer aufeinander zu hocken.

,,Die Landschaft ist so klischeehaft, die Häuser sind wie im Film und diese Weite erst! Hier ist so viel Nichts.“ (Reisetagebuch: 16.01.2016)

Dass Kanada riesig ist, wusste ich ja eigentlich schon vorher, aber dass es so viel Platz gibt, hätte ich  dann auch nicht gedacht. Es sind ganz andere Dimensionen, wenn man statt 5 Minuten auf einmal eine gute Stunde bis in die nächste Stadt braucht und dazwischen nur kleine Dörfer liegen. Und selbst in diesen Dörfern liegen die Häuser noch ziemlich weit auseinander.

Die Kälte im Winter hatte ich mir auch schlimmer vorgestellt, als sie im Endeffekt war, zumindest meistens. Vor allem bietet der ganze Schnee unglaublich viele Möglichkeiten für Wintersport. So bin ich dort zum ersten Mal Ski, Pferdeschlitten und Ski-doo gefahren und es hat mir wirklich Spaß gemacht.

Entgegen vieler Erwartungen ist nicht jeder Kanadier ein Holzfäller im rot karierten Hemd (obwohl ich von den Hemden wirklich viele gesehen habe), was jedoch stimmt ist, dass man Ahornsirup zu allem und in allen möglichen Varianten essen kann. Ob als ,,Tire d'érable“ gefroren auf Schnee gerollt oder gehärtet als Lolli, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Was ich als Nichtkanadierin allerdings denke ist, dass alles unglaublich süß ist, mir ist zumindest schon immer nach den ersten paar Bissen schlecht gewesen.

Ein weiteres Klischee, das jedoch stimmt, ist die Freundlichkeit der Einwohner. Man entschuldigt sich für alles, auch wenn es nicht der Rede wert ist, was nach einiger Zeit schon ansteckend ist. Das erleichtert allerdings das Einleben erheblich. Ich hatte dabei keinerlei Probleme, wurde von allen gut integriert und über Sprachaussetzer und Fehler wurde großzügig hinweg gesehen.

Den Schulalltag habe ich durch die vielen Pausen und die entspannte Stimmung viel lockerer wahrgenommen als vorgestellt. Schon beim Anziehen morgens gerät man nicht in Hektik, da man sowieso seine Uniform tragen muss und darüber, ob man sich verspätet, braucht man sich auch nicht zu sorgen, da der typisch gelbe Schulbus vor der Haustüre hält um die Schüler aufzusammeln. Dementsprechend war die Schule in Kanada kein Problem, im Gegenteil nur dort hat man seine Freunde wirklich gesehen, da auch die Schüler einer Schule weit auseinander wohnen.

Aus meiner Austauschfamilie wurde mit der Zeit auch meine Familie und aus meiner Austauschschülerin meine Schwester. Ich hatte nur das Gefühl, dass durch das ständige Zusammensein die Beziehung zwischen mir und Frédérique ein wenig angespannter war, als in Deutschland. Für mich war die teilweise schlechte Laune meiner Austauschschülerin aber total nachvollziehbar, schließlich fand auch ich, dass es anstrengend war, sich um jemanden zu kümmern und im Endeffekt doch nicht so spontan zu sein, wie man es normalerweise ist. Natürlich gab es im Alltag zuhause Unterschiede zum deutschen Alltag, jedoch habe ich mich daran auch schnell gewöhnt und diese einfach hingenommen. Wenn man sich auf eine andere Kultur einlässt, kommt man mit ihr auch ziemlich schnell klar.

 „Ich freue mich schon auf Zuhause, aber irgendwie ist hier alles so normal für mich geworden. Ich werde alles so vermissen!“ (Reisetagebuch: 08.04.2016)

Ich habe so viele neue Erfahrungen gesammelt, tolle Leute getroffen und mich in das Land verliebt. Bei meiner Rückkehr stand für mich schon fest, eines Tages zurück zu kommen.

Es hat einige Zeit gedauert, bis aus dem „Salut“ wieder ein „Hallo“ und „Tschüss“ wurde und ich wieder ausschließlich in Deutsch gedacht habe. Deutschland erscheint mir auf einmal auch so klein, nicht nur im Vergleich zu Kanada. Es gibt so tolle Länder da draußen und ich will jetzt auf jeden Fall noch eine ganze Menge davon kennenlernen.

Auch wenn das jetzt vielleicht abgedroschen klingt, wenn ihr die Chance habt so einen Austausch zu machen, tut es! Ich habe wirklich das Gefühl, dass es mir gut getan hat und ich will mir nicht vorstellen, dass ich es verpasst haben könnte.

 

Jule Stock, EF